Einige Regionalzeitungen bieten ihren Online-Lesern neuerdings an, nur Inhalte aus einzelnen Rubriken zu abonnieren. Damit folgen sie dem Trend zu individualisiertem Content. Wie erfolgversprechend ist dieser Paid-Content-Ansatz?
Die Bereitschaft der Online-Community, für digitalen Journalismus zu zahlen, ist in der breiten Masse nach wie vor gering. Eine Studie des Reuters Institutes geht sogar davon aus, dass Paid Content in seiner klassischen Form bald an Grenzen stoßen wird. Das zwingt die Verlagsbranche zum Umdenken. Gefragt sind neue Ansätze wie von Newsload, mit denen sich aus unregistrierten Lesern wertvolle Abo-Kunden machen lassen. Dabei werden die Ideen immer ausgefeilter. So hat die Mediengruppe Madsack eine „Timewall“ für die Websites ihrer Tageszeitungen eingeführt, bei der erst nach einer Stunde die Bezahlschranke fällt. Die Ibbenbürener Volkszeitung und die Westdeutsche Zeitung (WZ) setzen dagegen auf Segment-Abos: Nutzer können sich Inhalte nach ihren persönlichen Interessen zusammenstellen und beispielsweise nur News aus ihrer Stadt, oder nur Wirtschafts- oder Sportnachrichten abonnieren. So müssen sie nicht gleich die gesamte digitale Ausgabe kaufen, wenn sie sich lediglich für ein bestimmtes Themengebiet interessiert. WZ-Vertriebsleiter Björn Knippen erklärt: „Leser wollen online kein ‚All you can eat‘. Deshalb bieten wir ihnen ein individualisiertes Angebot an, angepasst an ihre persönlichen Interessen. Sei es regional oder inhaltlich. So erhält jeder Leser sein Wunsch-Abo.“
Nutzer erwarten individualisierte Angebote
Dass Nutzer solche Angebote bevorzugen, bestätigt eine aktuelle Studie der Landesanstalt für Medien NRW. Die Befragten gaben darin an, sich durch die extreme Masse an Informationen im Digitalen oft überfordert zu fühlen. Sie wünschen sich vielmehr eine individuelle Aufbereitung der Inhalte – abgestimmt auf ihre Bedürfnisse und ansprechend dargestellt. Ein solches Angebot würde auch die Bereitschaft der Nutzer erhöhen, ein Abo abzuschließen: Denn einer der wichtigsten Gründe, warum sich Nutzer dagegen entscheiden, ist laut Studie die Befürchtung, das Abo könne überwiegend uninteressante Nachrichten beinhalten.
Personalisierte Inhalte als Erfolgsfaktor
Wer künftig mit digitalem Content erfolgreich sein will, muss ihn also auf die Interessen seiner Leser zuschneiden können. Diese Erkenntnis ist allerdings nicht neu. Content-Personalisierung steht bei vielen Medienhäusern schon längst oben auf der Agenda. Dabei geht es vor allem darum, mit Hilfe von Empfehlungstechnologien den Lesern weitere passende Artikel der Redaktion oder gesponserte Inhalte vorzuschlagen, um sie länger auf der Seite zu halten. Einen solchen Ansatz verfolgt beispielsweise das Medienhaus Axel Springer bei den Portalen von BILD, WELT und BUSINESS INSIDER.
Das Neue an den Angeboten von WZ und Ibbenbürener Zeitung ist: Die Inhalte werden direkt zu Themenpaketen geschnürt und einzeln als Abo vermarktet. Ein solcher Ansatz war bisher nur von Plattformanbietern wie Newsload bekannt: Diese bündeln redaktionelle Inhalte verschiedener Content-Lieferanten und stellen sie den Nutzern in Form von themenspezifischen „Content-Feeds“ zur Verfügung.
Verlags-Abo oder Plattform: Welchem Modell gehört die Zukunft?
Klar ist also: Personalisierung wird in Zukunft die Voraussetzung für wirtschaftlich erfolgreichen digitalen Journalismus sein. Denn Inhalte, die den Bedürfnissen der Nutzer entsprechen, steigern sowohl die Leserbindung als auch die Zahlungsbereitschaft. Offen ist hingegen, welchem Modell der Nutzer den Vorzug geben wird: dem Themen-Abo des Verlags? Oder dem Content-Feed eines Drittanbieters? Für das Verlagsmodell spricht sicher die hohe Glaubwürdigkeit, die klassische Medien noch immer genießen. Für die Plattform die Tatsache, dass Nutzer – ähnlich wie bei Netflix oder Spotify – auf verschiedene Inhalte zugreifen können, ohne zwischen Anbietern wechseln zu müssen. Und genau das wünschen sich die Nutzer, wie die genannte Studie der Landesmedienanstalt beweist. Auch für die Verlage bringt eine Content-Plattform Vorteile: Sie müssen sich nicht um technische oder rechtliche Aspekte kümmern. Und auch Nischenanbieter haben hier gute Möglichkeiten, mit wenig Aufwand ihre Zielgruppe anzusprechen.
Fazit
Am Trend der Content-Personalisierung führt für Verlage kein Weg vorbei. Dabei sollten sie mit ihren Abo-Angeboten jedoch nicht nur den Endkunden im Blick haben. Auch der Markt der Businesskunden bietet viel Potenzial: Die gleichen redaktionellen Inhalte lassen sich zusätzlich an Unternehmenskunden lizenzieren, die diese auf eigenen Kanälen nutzen. Content-Licensing nennt sich dieses Modell, das zusätzliche Erlöse bringt.
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